WERKSTATTBERICHTE LILITH 4

Wie die Lilith-Saga entstand

Erster Werkstattbericht zur Lilith-Saga 4 „Vor der Ewigkeit“ mit Leseprobe, 11. September 2014

Wie bereits bei Lilith 3 möchte ich auch bei Lilith 4 ab und an in einem Werkstattbericht über meinen Schreibprozess berichten.

Heute mache ich es mir einfach. Nachfolgend findet ihr einen klitzekleinen Auszug, einen Appetizer, sozusagen.

Viel Spaß damit und alles Liebe

Roxann

Eine Tür fiel laut ins Schloss, Schritte erklangen und eine Stimme, die ich sehr gut kannte, rief „Hallo mein Findling, ich bin wieder zuhause!“

Ich wollte mich ruckartig im Bett aufsetzen, aber Asmodeo hielt mich zurück. „Pst“, flüsterte er mir ins Ohr, und machte Anstalten, mich zu küssen.

„Was heißt denn hier Pst?“, flüsterte ich zurück. „Sie hat dein Auto und mein Fahrrad gesehen. Sie weiß, dass wir beide hier sind. Und überhaupt, wer soll den Eintopf in der Küche vorbereitet haben? Mozart?“

Er lockerte seinen Griff, und ich nutzte die Gelegenheit, ein Stück von ihm abzurücken.

„Bleib noch.“ Seine Hände wanderten meinen Rücken entlang.

Willenlos ließ ich mich auf ihn fallen, und wir begannen von Neuem das zu tun, was wir davor getan hatten.

„Lilith! Asmo! Wo seid ihr?“ Die Stimme meiner Großmutter schallte jetzt aus der Küche zu uns herauf. „Das riecht ja himmlisch!“

Wir hörten das Klappern von Metall, und dann rief sie: „Ein italienischer Eintopf! Wie viele Jahre habe ich den nicht mehr gegessen. Was für eine Überraschung!“

Ich versetzte Asmodeo einen kleinen Stoß in die Rippen. „Lustmolch“, zischte ich, bevor ich mich seitlich aus dem Bett rollte.

Er versuchte, mich festzuhalten, aber diesmal war ich schneller. Kichernd begann ich, meine Kleidung zusammenzusuchen – ein Unterfangen, das sich schwieriger gestaltete, als ich gedacht hatte. Das Zeug war wirklich überall im Zimmer verstreut.

Asmodeo hatte sich halb aufgesetzt und beobachtete mit amüsiertem Grinsen, wie ich mich hastig anzog. Als Antwort schmiss ich ihm seine Hose an den Kopf, die direkt bei der Zimmertür lag.

Ich stolperte die Treppe hinunter, fuhr mir dabei mit den Fingern durch die Haare und bemühte mich, ein einigermaßen unschuldiges Gesicht aufzusetzen.

Gerti war gerade dabei, den Tisch zu decken. Sie hatte in den letzten Wochen nicht regelmäßig gegessen und wirkte geradezu hager. Die Falten in ihrem Gesicht hatten an Tiefe gewonnen, sie zeigten ihr wahres Alter. Doch ihre Augen leuchteten wie früher.

„Wo ist denn Asmo?“, fragte sie.

„Asmodeo?“ Ich versuchte, beiläufig zu klingen. „Der … der ist oben.“

„Oben“, wiederholte Gerti und musterte mich streng. Dann sah ich die Andeutung eines verschmitzten Lächelns.

Ich fühlte, wie ich rot wurde. „Na ja“, begann ich, wobei meine Verlegenheit immer größer wurde. „Oben … mein Zimmer … das Rollo …“

Gerti drehte sich von mir ab, um das Besteck aufzulegen. „Ich weiß“, sagte sie. „Das klemmt.“

„Guten Abend, Nanah“, sagte Asmodeo. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er heruntergekommen war. Im Gegensatz zu mir, war ihm nichts anzumerken. Seine Kleidung wirkte makellos, seine Frisur saß perfekt, nichts deutete darauf hin, dass wir vor nicht einmal fünf Minuten … ich wurde noch röter.

„Ich sehe mal nach dem Eintopf“, nuschelte ich mit gesenktem Kopf und flüchtete in die Küche.

Zweiter Werkstattbericht zu Lilith-Saga 4: Vor der Ewigkeit, 25.10.2014

Ich denke, heute ist es an der Zeit, euch einen weiteren kleinen Einblick in die Entstehung von Band 4 der Lilith-Saga „Vor der Ewigkeit“ zu geben.

Nachfolgend seht ihr ein Bild. Es wurde von Caspar David Friedrich gemalt. Wer Caspar David Friedrich noch nicht kennt: Er gilt als ein ganz wichtiger, wenn nicht als der wichtigste Maler der deutschen Frühromantik. Er starb ca. Mitte des 18. Jahrhunderts.

Ich mag viele seiner Bilder, weil sie oft etwas sehr Geheimnisvolles, manchmal auch geradezu Unheimliches haben. Nicht selten spricht Einsamkeit aus ihnen.

„Der Wanderer über dem Nebelmeer“ z.B. stand Pate für Asmodeo. Er hat das Gemälde in Lilith 1 in seiner Wohnung hängen.

Das nachfolgende Bild, „Der Klosterfriedhof im Schnee“, hat mich zur Eingangsszene von Lilith 4 inspiriert. Es ist eine überaus intensive Szene, in der die Vergangenheit auf die Gegenwart trifft. In ihrem Mittelpunkt steht ein Charakter, der erstmals in der Lilith-Saga 2 erwähnt wird. Lilith und er kennen sich und sind durch das Schicksal unauflösbar miteinander verbunden. Doch er ist kein Freund. Er stellt für Lilith einen ganz furchtbaren Gegner dar. Er kennt sie genau, er weiß, wie sie reagiert, und er ist nicht allein …

Caspar David Friedrich: Klosterfriedhof im Schnee, via Wikimedia Commons

Caspar David Friedrich: Klosterfriedhof im Schnee, via Wikimedia Commons

Übrigens existiert das Gemälde „Der Klosterfriedhof im Schnee“ leider nicht mehr. Es wurde im Zuge der Wirren des Zweiten Weltkriegs zerstört – ein großer Verlust, wie ich finde.

So, das war’s für heute. Ich gehe dann mal weiterschreiben.

Euch alles Liebe

Roxann

Dritter Werkstattbericht zur Lilith-Saga 4: „Vor der Ewigkeit“ – Arrête! C’est ici l’Empire de la mort

„Halt ! Hier beginnt das Reich der Toten !“ – steht auf einem Schild, das den Eingang in die Pariser Katakomben markiert.

 

(WT-shared) Riggwelter at wts.wikivoyage [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-4.0-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0-3.0-2.5-2.0-1.0)], via Wikimedia Commons

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20 Meter unter Paris liegen die ehemaligen Steinbrüche der Stadt, die in einer längst vergangenen Zeit Material zum Bau der Häuser lieferten. Es ist ein unvorstellbares Geflecht an Gängen und Räumen, ein wahres Labyrinth, das in dieser Unterwelt fernab von Licht und dem pulsierenden Leben der französischen Hauptstadt seit Jahrhunderten existiert.

 

von Thomas Baselius (Personal work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

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von Jean-David & Anne-Laure (Flickr: Catacombes de Paris) [CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

von Jean-David & Anne-Laure (Flickr: Catacombes de Paris) [CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

von Deror avi (Eigenes Werk) [Attribution, CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) oder GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

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Im 18. und 19. Jahrhundert hat man die Steinbrüche umgenutzt. Damals waren die oberirdischen Friedhöfe gnadenlos überfüllt – ein Eldorado für Ratten und ein Herd für Krankheitserreger aller Art. Also beschlossen die Verantwortlichen, die Toten auf den Friedhöfen auszugraben und nach unten, in die Katakomben umzubetten. Seitdem beherbergen die Katakomben die  unvorstellbar große Zahl von sage und schreibe sechs Millionen Verstorbenen.

 

von albany_tim [CC-BY-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

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von Serge Melki from Indianapolis, USA (Catacombes Paris Uploaded by russavia) [CC-BY-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

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von ignis (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) oder CC-BY-SA-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5-2.0-1.0)], via Wikimedia Commons

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„Und was hat das alles mit Lilith zu tun?“, fragt ihr jetzt sicher.

Nun, in Lilith 4 „Vor der Ewigkeit“ spielen die Katakomben von Paris eine wichtige Rolle.

Denn dort ist etwas begraben. Etwas, das lieber begraben bleiben sollte…

 

I, Einsamer Schütze [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) oder CC-BY-SA-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5-2.0-1.0)], via Wikimedia Commons

I, Einsamer Schütze [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) oder CC-BY-SA-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5-2.0-1.0)], via Wikimedia Commons

Für heute alles Liebe

Roxann

Vierter Werkstattbericht, „Vor der Ewigkeit: Lilith-Saga 4“, 7. Mai 2015

In letzter Zeit erreichen mich sehr viele Anfragen von euch, wann es endlich mit Lilith weitergeht. Ich freue mich sehr über euer Interesse, denn es zeigt mir, wie gerne ihr Lilith lest. Das ist eine ganz wundervolle Rückmeldung für mich – die beste, die ich mir als Autorin wünschen kann.
Glaubt mir, ich kann eure Ungeduld sehr gut verstehen. Ich kann es ja selbst kaum erwarten, bis „Vor der Ewigkeit“ endlich fertig ist. Um die Zeit bis zur Veröffentlichung ein wenig zu überbrücken, habe ich für euch eine Passage aus meinem Manuskript herausgesucht:

In „Vor der Ewigkeit“ versuchen Lilith, Johannes und Asmodeo nicht nur fieberhaft, Elisabeth aufzuspüren, sondern sie sehen sich zudem mit einem weiteren Widersacher aus Lilith’s Vergangenheit konfrontiert, der sowohl mit Elisabeth als auch mit Lilith in einer ganz besonderen Verbindung steht. Und dieser Widersacher – wer das ist, verrate ich noch nicht – lässt nichts unversucht, um Lilith zu schaden und Elisabeth zu helfen …
Der Mönch stand am äußersten Ende der Plattform mit dem Rücken zu mir. Ich spannte den Hahn meiner Waffe. Es klackte metallen.
„Endstation“, sagte ich.
Zunächst dachte ich, der Mönch hätte mich nicht gehört. Doch dann drehte er sich langsam um.
„Wo ist er?“, fragte ich.
Ein seltsames Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Ihr werdet ihn nie finden. Und wenn doch, wird es zu spät sein.“
Ich trat näher heran und blickte ihm in die Augen. Sie waren hinter dicken Brillengläsern weit aufgerissen, aber nicht vor Furcht. Eine Art unirdische Ruhe strahlte aus ihnen, eine grenzenlose Zufriedenheit.
„Was hat er dir angeboten, wenn du für ihn arbeitest?“, fragte ich.
Seine Miene verfinsterte sich. „Jahrelang habe ich mein Leben aufgeopfert, für meine Religion, für meine Überzeugung. Und was habe ich dafür bekommen? Nichts! Keine Anerkennung, keine Beförderung. Nur älter bin ich geworden, näher am Tod. Und er, er hat mir das ewige Leben versprochen. Nicht irgendwann, sondern jetzt und sofort.“
„Dieses ewige Leben kann schneller vorbei sein, als du denkst“, sagte ich. „Du kommst jetzt mit. Sofort. Wir haben Fragen an dich.“
Der Mönch schüttelte den Kopf. „Niemand kann mich zwingen, euch zu helfen. Keine Macht im Himmel und keine auf dieser Erde.“
„Wenn du nicht freiwillig gehst, schieße ich dir ins Bein und schleife dich die Treppe hinunter. Also los!“
Er wich meinem Blick nicht aus, sondern versuchte zu ergründen, ob ich die Wahrheit sprach. Sein Mund verzog sich zu einem resignierenden Lächeln. „Ein schöner Engel bist du“, sagte er. „Ganz anders, als sie mir immer beschrieben wurden.“
In seinen Augen blitzte es auf.
„Nein!“, schrie ich und sprang auf ihn zu.
Bevor ich ihn erreichen konnte, hatte er sich über die Brüstung gelehnt. Fast berührten ihn meine Fingerspitzen, als er in die Dunkelheit stürzte. Sekundenlang vermochte ich seine schweigende Gestalt zu sehen, wie sie durch die Luft trudelte. Seine Kutte flatterte und erzeugte dabei ein Geräusch dumpfer Endgültigkeit. Dann schlug er auf dem Kopfsteinpflaster auf – Arme und Beine grotesk verrenkt.
Stille.